Der sich distanzierende Stil

wie Friedemann Schulz von Thun ihn sieht

Erscheinungsbild, Grundbotschaft und seelischer Hintergrund

Wenn wir von der distanzierenden Strömung erfaßt sind, dürfen uns die Mitmenschen nicht zu nahe kommen.
Der sich Distanzierende hat eine Abscheu vor Berührungen, deshalb wird er oft als arrogant und abweisend angesehen. Die Kommunikationspsychologische Lupe zeigt eine starke Ausprägung auf der Sach Seite, während die Beziehungsseite sehr schwach vorhanden ist.

Beispiel:
Frau: Stell dir vor, Rüdiger hat wieder eine fünf geschrieben!
Mann: In welchen Fach?
Frau: In Englisch - und dabei hatte er so geübt! Vorhin saß er auf seinem Bett und heulte und...
Mann: Wie ist die Arbeit denn insgesamt ausgefallen?
Frau: Du, das weiß ich nicht! Auf jeden fall ist er völlig verzweifelt.
Mann: Nun ja - handelt es sich denn um ein wiederholtes Versagen oder ist es ein erstmaliger Ausrutscher?
Frau: Eine fünf hatte er bisher, soviel ich weiß, noch nicht, aber sorgen mache ich mir schon.
Mann: Zunächst einmal muß überprüft werden, ob überhaupt Anlaß für Verzweiflung und Sorgen bestehen. Und dazu ist es nötig, einmal die genaue Sachlage zu ermitteln.
Frau: Für dich zählen aber immer nur die Fakten! Willst du nicht mal hochgehen, ihn zu trösten?
Mann: Äh, man läßt ihn jetzt besser allein. Nachher kann man dann in aller Ruhe eine geeignete Problemlösung...
Frau: In aller Ruhe!! Ich bin aufgebracht, hörst du?
Mann: Eben, und so kommen wir ja nicht weiter. (Zieht sich zurück)

Sich Distanzierende machen nach außen den Eindruck, als ob sie keine Gefühle hätten, aber sie besitzen trotzdem eine reiche, aber eben verletzbare und daher schutzbedürftige Gefühlswelt. Kommen die Gefühle aber doch einmal hoch, so können sie in aller Regel nicht mit ihnen umgehen, und werden dann leicht defensiv, aggressiv oder kindisch.

Ursachen:

In aller Regel sind Männer von diesem Phänomen betroffen. Die heutige Berufswelt verlangt eine rollenmäßige Distanz. Aber schon vorher gab es Unterschiede.

Die kleinen Jungen litten unter einen starken Bindung zur Mutter, besonders wenn der Vater nicht vorhanden war (sei es durch Tod, Scheidung oder berufliche Verpflichtungen). Daher entstand eine starke Beziehung zur Mutter. Um sich von der Mutter zu lösen sind starke Kräfte erforderlich, was mit einer Abschottung der Gefühle verbunden ist.

(Dem geneigten Leser empfehlen wir die Lektüre von Seite 195).

Seelisches Axiom: Wenn ich mich öffne und jemand ganz an mich heranlasse, begebe ich mich in große Gefahr: Ich könnte in eine solche Abhängigkeit geraten, daß ich jeder Verletzung preisgegeben bin und mich selbst in der Gefangenschaft der Verschmelzung verliere.

Daraus resultiert eine große Angst vor Abhängigkeit, die ihn unnahbar erscheinen läßt. Es gibt zwar einen Wunsch nach Nähe und Geborgenheit, aber die Angst vor Abhängigkeit ist noch größer.

Folglich sind alle Menschen, die in einem Hotel ein Einzelzimmer nehmen sich Distanzierende. (Näher wird dieser Gedanke auf Seite 198 ausgeführt)

Der system(at)ische Blickwinkel


(Dieses Kapitel war uns entschieden zu umfangreich, wir haben es daher ausgelassen. Nur diese eine nette Zeichnung wurde in dieses Script übernömmen)

Richtungen der Persönlichkeitsentwicklung

(Achtung, das untere soll ein Entwicklungsquadrat darstellen !)
Unbefangene Kontakbereitschaft-reservierte Zurückhaltung
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Distanzlosigkeit-Kontakscheue
Dieses Referat wurde Ihnen präsentiert von:

HOLSTEN PILSENER

Miteinander Reden Band II: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung von Friedemann Schulz von Thun

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