Der Turm von Babylon

Inhalt

  1. Vorstellungen des Turms vor 1900
  2. Ausgrabungen ab 1899 von Robert Koldeway
  3. Neuere Vorstellungen des Turmes
  4. Andere Bauwerke in Babylon, Babylon in der Bibel
  5. Babylon heute

Vorwort

Der Turmbau zu Babel

Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache. Als sie nun nach Osten zogen, fanden sie eine Ebene im Lande Sinear und wohnten daselbst. Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, laßt und Ziegel streichen und brennen ! - und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel und sprachen: Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, damit wir und einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut in alle Länder. Da fuhr der HERR hernieder, daß er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten. Und der HERR Sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen, und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. Wohlauf, laßt und herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, daß keiner mehr des anderen Sprache verstehe ! So zerstreute sie der HERR von dort in alle Länder, daß sie aufhören mußten die Stadt zu bauen. Daher heißt ihr Name Babel, wei der HERR daselbst verwirrt hat aller Länder Sprache und sie von dort zerstreut hat in alle Länder.

1. Buch Mose 11.

Vorstellungen des Turms vor 1900

Der Nahe Osten war im Mittelalter so gut wie unerforscht. Darstellungen des Turmes wurden oftmals von Malern im Auftrag für Bücher, Kirchen oder Wandgemälde erstellt. Sie hatten somit keinen Anspruch historisch oder aräologisch richtig zu sein, sondern sollten nur einen gewissen Unterhaltungswert vermitteln.

So sind bei Darstellungen des Turmes im Mittelalter oftmals die Arbeitsweise der Bauarbeiter, ihre Werkzeuge und Maschinen in den Vordergrund gestellt, und nicht der Turm an sich. Ab dem 16. Jahrhundert ist dann der Turm der Mittelpunkt des Bildes. Oftmals riesig groß und ausgeschmückt dargestellt. Die Zeichner suchten oftmals nach Vorlagen und Beschreibungen des Turmes, fanden aber sehr wenig. Zwar gab es ab dieser Zeit schon Reisende, die den Nahen Osten bereist hatten, und vielleicht auch in den Ruinen von Babylon waren, doch nachweislich hatte keiner von ihnen die wirklichen Überreste des Turmes gesehen. So waren zu dieser Zeit Darstellungen eines Rundturmes 'in', die oftmals noch zusätzliche Bauwerke zeigen, die sehr an türkische Moscheen erinnern. Die umgebende Landschaft paßt in des Bild der kargen Landschaft des heutigen Iraks, trotzdem kann auch diesen Bildern keine historische Bedeutung zugewiesen werden.

Ausgrabungen ab 1899 von Robert Koldeway

Zur Zeit der Jahrhundert war das Gebiet des heutigen Iraks unter türkischer Herrschaft. Besonders die Engländer und die Franzosen hatten in diesem Gebiet großen politischen und sonstigen Einfluß. Sie waren es auch, die als erster professionel organisierte und vom Staat unterstützte Ausgrabungen begangen um der historischen Forschung zu dienen. Bereits in den 40er Jahren wurden Grabungen unternommen und bedeutende Funde gemacht, sowie die Keilschrift entschlüsselt.

Das deutsche Kaiserreich wollte nachziehen und übte Druck auf die türkische Regierung aus. Gleichzeitig wurde 1887 das Orient-Komitee gegründet, eine Gesellschaft zur Unterstützung von Grabungen im Nahen Osten. Sie organisierte die Grabung in der Nordsyrischen Stadt Sendschirli, wo Koldeway, der Leiter der Expedition, wichtige Erfahrungen sammeln konnte. Die Nachfolgeorganisation, die Deutsche Orient-Gesellschaft, gegründet am 24. Januar 1898, finanzierte dann, mit persönlicher Unterstützung von Kaiser Wilhelm II, die Grabung Koldeways in Babylon.

Am 26. März 1899 begannen dann die Grabungen in Babylon. Zuerst legte er einen der Paläste der Königs Nebukadnezar II frei. Zwar waren die Hauptziele die Freilegung des großen Haupttempels und des Turmes, aber da man keine Ahnung hatte, wo sich beide Bauwerke befanden, fing man ersteinmal an an gesicherten Stellen zu graben um dort evtl. weitere Hinweise zu erhalten.

Erst 1909, nach zehn Jahren Grabung in Babylon, gelang es Koldeway und seinen Leuten den Stadtort des Turmes südlich der Stadt zu erfassen. Doch eine Grabung war unmöglich, da durch den nahegelegenen Euphrat und den Hindije Staudamm der Grundwasserspiegel sehr hoch ist. Nur durch den Dammbruch im Jahre 1913 und einem Absacken des Grundwasserspiegels um ca. 4 Meter war es für einige Monate möglich an den Überresten des Turmes zu graben. Wie sich herausstellte waren nur noch die Fundamentsüberreste des Turmes vorhanden. Der Rest des einst riesigen Bauwerkes ist in den letzten 2500 Jahren verfallen oder bewußt entfernt worden, und die Ziegel an anderen Stellen wieder in Häuser eingebaut wurden. So fand man in fast allen Häusern in der Umgebung von Babylon Ziegel mit dem Stempel von Nebukadnezar II, der den Turm groß umbauen ließ, und auch der Staudamm von Hindije war zum großen Teil mit Ziegeln aus Babylon gebaut worden. Besonders die einst mächtigen Stadtmauern sind bis auf den Grund abgetragen und weiterverbaut worden.

Neuere Vorstellungen des Turmes

Für eine Rekonstruktion des Turmes gibt es hauptsächlich vier Quellen.

Die Esagila-Tafel. Diese Tontafel beschreibt das Aussehen des Turmes. Doch es werden hier leider Maßeinheiten verwendet, die heute nicht mehr eindeutig bestimmbar sind. Schätzungen ergeben eine Seitenlänge von etwa 91,5 Metern, die gemessene Länge ergibt 91,48 - 91,66 Meter, also kann man diese Schätzung als in etwa treffend betrachten. Anders jedoch bei der Höhe des Turmes, dort verwendet der Schreiber nämlich ein anderes Maßsystem, und man kann heute die Höhe anhand der Ruine nicht mehr bestimmen.

Ansonsten beschreibt diese Tafel den Turm als ein siebenstufiges Bauwerk mit dem Tempel des Marduk auf der obersten Stufe. Marduk war der Stadt- und Schutzgott von Babylon.

Die Beschreibung des Turmes von Herodot. Herodot war ein antiker Schriftsteller, der auf seinen Reisen Babylon besuchte und den Turm beschrieb. Allerdings war der Turm 458 v. Chr., als Herodot in sah, schon in einem halbverfallenen Zustand. So war die große Mitteltreppe nicht mehr vorhanden, so daß er von einem eher kreisförmigen Turm sprach. Darauf stützten sich dann auch die Zeichnungen des ausgehenden Mittelalters. Im Gegensatz zur Esagila-Tafel spricht Herodot eindeutig von acht Stufen. Welche Ansicht nun die richtige ist, darüber sind sich die Historiker bis heute nicht einig. Allgemein wird jedoch ein siebenstufiger Turm favorisiert. Heute wird die Darstellung von Günther Martiny als weithin korrekt angesehen.


Rekonstruktion der Zikkurrat von Babylon nach G. Martiny

Allen Darstellungen gemeinsam ist aber, daß sie eine große Mitteltreppe haben, die ca. 50 Meter vor dem Turm ihren Fuß hat. Bis wohin diese Treppe reicht, darüber ist man sich nicht einig. Die meisten Archäologen meinen, daß sie bis zur zweiten Stufe reicht, einige vertreten die Ansicht, daß die Treppe bis zur Spitze reicht. Neben der Haupttreppe gibt es noch zwei Seitentreppen an jeder Seite, die ebenfalls bis zur Spitze reichen. Man ist sich unklar, ob das einfache Volk die Haupttreppe benutzen durfte oder ob diese nur den Göttern und hohen Priestern vorbehalten war.

Oben auf dem Turm befand sich der Tempel, in dem der Gott Marduk wohnte. Hier hatten wahrscheinlich nur die Priester Zutritt. Hier wurde auch die brozene Statue aufbewahrt, das Wahrzeichen der Stadt.

Gebaut wurde der Turm nicht an einem Stück, sondern über einen Zeitraum von mehreren hundert Jahren. So lassen sich deutlich verschiedene Stufen der Erweiterung und Aufstockung des Turmes erkennen. Seinen baulichen Höhepunkt erreichte der Turm unter Nebukadnezar II (um 600 v. Chr.), dessen Vater schon mit einer grundlegenden Restaurierung und Erneuerung des verfallenen Turmes begonnen hatte. Doch nachdem das Babylonische Reich um 500 v. Chr. fiel, wurde 460 v. Chr. von dem persischen König Xerxes die Mitteltreppe des Turmes abgerissen um das Gebäude offiziell unzugänglich zu machen und die Bronzestatue des Marduk eingeschmolzen. Damit war auch die babylonische Kultur zerstört, und der Turm wurde dem Verfall preisgegeben.

Auf vielen der Tontafeln die in Babylon und dem gesamten Euphrat und Tigris Raum gefunden wurde wird der Turm, der damals Etemenanki hieß, erwähnt. Jedoch ist unter diesen Tafeln bislang noch keine umfangreichere gefunden worden, die weitere wichtige Informationen geben könnte.

Durch die Ausgrabungen. Allerdings ist von dem Turm nur noch ein ca. 5-10 Meter hoher Rest des untersten Fundamentes erhalten, der Rest wurde wie schon beschrieben abgetragen. Anhand dieser Überreste konnte man die Bauweise der Turmes recht gut rekonstruieren. So sind die frühen Teile des Turmes nur mir luftgetrockneten Tonziegeln gebaut, die sehr schnell verfallen, ständiger Pflege benötigen und Wasser anziehen. Unter der großen Erweiterung des Turmes wurden dann die äußere Schicht wieder abgetragen und mit gebrannten Ziegeln wieder neu aufgebaut, die praktisch unzerstörbar sind und nicht mehr unter Wasser verfallen.

Bis heute ist trotz aller Forschungen nicht eindeutig geklärt, wie der Turm genau aussah, und welche Ausmaße er hatte. Doch da gerade dieses so bekannte Bauwerk fast komplett zerstört wurde, ist es auch nicht wahrscheinlich, daß in Zukunft noch mit großen Neuentdeckungen gerechnet werden kann.

Andere Bauwerke in Babylon, Babylon in der Bibel

Außer dem schon besprochenen Turm gibt es noch weitere bekannte und wichtige Bauwerke in Babylon.

Zuerst einmal die Hängenden Gärten von Babylon, eines der sieben antiken Weltwunder. Bis heute konnte mal weder ihren Ort, noch ihr Aussehen feststellen. Es ist wahrscheinlich, daß sie vollständig zerstört sind, und ihre Ruine vielleicht mit anderen Bauwerken überbaut ist.

Zweitens gibt es noch die Palastanlage von Nebukadnezar II. Sie ist gut erhalten, aber noch nicht vollständig freigelegt.

Ein imposanter Überrest der Stadtmauern ist das bekannte blaue Ishtar Tor, daß in Berlin im Vorderasiatischen Museum steht. Die Irakische Regierung versucht seit Jahren dieses Tor wieder in ihren Besitz zu bringen, nachdem es Robert Koldeway bei seinen Grabungen einfach nach Berlin schickte.

In der Bibel wird Babylon zweimal erwähnt. Zuerst wird im Alten Testament im 1. Buch Mose der Turmbau zu Babel beschrieben, worauf Gott die Menschen in ihrer Sprache verwirrte und sie in alle Welt zerstreute. Dann wird in der Offenbarung des Johannes von der Hure Babel gesprochen. Hier ist allerdings nicht das antike Babylon gemeint, das zur Zeit Johannes seit ca. 550 Jahren nicht mehr existierte, sondern er benutzt den Namen als Deckname für die damalige Weltstadt Rom, die untergehen sollte. Er spricht von einer Stadt mit sieben Hügeln, und Rom ist ja bekanntlich die Stadt, die auf sieben Hügeln gebaut wurde.

Babylon heute

Das Stadtgebiet von Babylon umfaßt ca. 16 Quadratkilometer. Davon konnte Robert Koldeway während seiner jahrelangen Grabungen nur ein Bruchteil freilegen. Und auch heute ist noch nicht einmal ein Zehntel freigelegt. Auf dem ehemaligen Stadtgelände befinden sich heute noch 5 Dörfer, sowie diverse Ackerflächen und Weiden für Schafe.

Die Irakische Regierung hat jedoch den Wert dieser alten Kultstätten erkannt und unterstützt die Restaurierung und Konservierung ihrer antiken Städte mit staatlichen Mitteln. So arbeiten heute ca. 750 Menschen in Babylon an Grabungen und Erhaltung der Bauwerke. Sehr große Schwierigkeiten bereitet dabei der hohe Grundwasserspiegel, und damit die Versalzung des Bodens, der die luftgetrocknete Ziegel innerhalb kürzester Zeit zerstört. Auch der zunehmende Tourismus in Babylon erschwert die Arbeiten und häufig nehmen sich die Besucher auch 'Souvenirs' mit.

Doch trotz allem kann man froh sein, daß in einer so wichtige Stadt wie Babylon auch heute noch gegraben wird, und somit ihre alte Pracht wieder zum Vorschein gebracht werden kann.


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